Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 18.09.2015

Auch heute waren wir vorbereitet, denn es stand wieder ein Geburtstag an. Unser M. wurde 60.
Auch er sollte an seinem Ehrentag entsprechend gefeiert werden und im Mittelpunkt stehen, obwohl wir uns bis zum Beginn der Tour gar nicht sicher waren, ob wir ihm überhaupt begegnen würden.

Zu unserer großen Überraschung saß er aber dann gleich um 18 Uhr am Nord und wartete auf uns. Nun galt es, schnell unsere Geburtstagsgirlande auszupacken und die Wunderkerzen anzuzünden, denn er kam bereits auf uns zu. Natürlich sangen wir auch ihm ein Geburtstagslied. Er hat sich wahnsinnig gefreut. Alle hatten für ihn eine Geburtstagskarte unterschrieben und wir überreichten ihm als Geschenk eine kleine Taschenlampe und ein kleines Handtuch gestaltet in Form eines Tortenstückes, was uns seinerzeit die Hökes-Apotheke in Freisenbruch gespendet hatte, um einzelnen einmal eine besondere Freude machen zu können. Auch ein besonders schicker Pullover ging in seinen Besitz über. Er bedankte sich herzlich und hat uns dann die gesamte Tour begleitet.

Heute gab es Hühnersuppe und Ravioli mit Rindfleisch, so dass auch unsere muslimischen Freunde ohne Bedenken zugreifen konnten.

Unser Bollerwagen war packevoll mit teilweise vorbestellten Sachen, Decken, Schlafsäcken warmen Pullovern. Ein Hackenporsche war komplett gefüllt mit Schuhen, leider hatten

wir dann nicht die so dringend benötigten Sportschuhe in 45 dabei, die uns eigentlich noch zum Nord gebracht werden sollten.

Schon gleich reichten wir die ersten Kleidungsstücke weiter. Inzwischen sind vor allem warme Pullover und Jacken gefragt. Auch Socken werden ständig gebraucht.
Und immer mehr wird nun auch nach Isomatten und Schlafsäcken gefragt, um nachts sich vor der Kälte schützen zu können.
Micha lief daraufhin nochmal ins Lager, um Decken zu besorgen, als Unterlage oder auch als Schlafsackersatz. Denn uns fehlen diese dringend nötigen Dinge zurzeit.

An der Marktkirche trafen wir viele Leute an, deren Wünsche sich Ingrid bei den letzten Touren notiert hatte. So reichten wir einiges der vorbestellten Sachen weiter. Und der Bollerwagen leerte sich zusehends. Dennoch hatten wir manches nicht dabei, was so dringend gebraucht wird, so dass wir uns erneut Notizen für die nächsten Touren machten. Die warme Kleidung nimmt in unserem Wagen viel mehr Platz ein. Bei den nächsten Touren wird wohl dann auch unser zweiter Bollerwagen zum Einsatz kommen müssen, um alles transportieren zu können, was unsere Leute jetzt, wo es kälter wird, brauchen. Ganz viele Schuhe wechselten den Besitzer, aber wieder fehlten uns die am meisten gefragten Größen 43 bis 45.
Ein schöner Moment war, als wir nach längerem Suchen und Anprobieren verschiedener Paare für einen jungen Mann doch noch ein passendes fanden. Die Begeisterung und Freude darüber hat er uns deutlich gezeigt.
Als schließlich alle versorgt waren, zogen wir weiter zum Dom.

Dort mussten wir dann erst mal unseren F. enttäuschen, da wir immer noch keine Schuhe für ihn dabei hatten. Aber wir werden alles dafür tun, dass er schnell Sportschuhe in 45 bekommt.

Wir trafen auch den jungen Polen F. mit seiner Freundin A. Während sie sich von ihrem grippalen Infekt erholt zu haben schien, kämpfte nun er damit. Er war kreidebleich und so still, wie wir ihn sonst gar nicht kennen. Wir versorgten beide erst mal mit wärmerer Kleidung und mit dringend benötigten Taschentüchern. A. machten wir deutlich klar, dass wir sie nun mit einer warmen Jacke ausgestattet haben und dass sie damit pfleglich umzugehen hätte, da sie vor dem Winter nicht eine weitere von uns bekommen kann. Ihr muss man manchmal das so deutlich sagen, sonst steht sie schon nächste Woche wieder da und fragt nach weiterer Kleidung.
Zu mehr als einem warmen Kaffee konnten wir die beiden dann nicht überreden.

Nach langer Zeit trafen wir A. wieder. Wir hatten gehofft, dass er gut untergekommen sei. Allerdings machte er diesen Eindruck dann nicht auf uns, eher im Gegenteil hatten wir das Gefühl, dass es ihm gar nicht so gut ging. So, wie er gestern drauf war, hatten wir ihn noch nie erlebt. War er doch bisher immer der ruhende Pol in der Gruppe am Dom, der sich um alle anderen sorgte. Er war auch gar nicht dem Wetter entsprechend gekleidet, lief immer noch in kurzer Hose durch die City. So versorgten wir ihn erst mal mit einer warmen Jeans und Socken.
Er kündigte dann an, später oben am Bahnhof noch zu uns zu kommen, um zu essen, was er dann aber leider nicht tat. Nun hoffen wir, dass er nicht der Nächste ist, um den wir uns Sorgen machen müssen.

Auf dem Willy Brand Platz standen viele Fahrgeschäfte und wir mussten mit unserem Fuhrpark drumherum, um zu unserem gewohnten Platz zu gelangen.
Die übliche große Gruppe, die sich sonst am Aufzug aufhält, war dieses Mal gar nicht da.
Wir versorgten aber dennoch einige, die mit großem Appetit unsere Suppe aßen. Hier wurden wir dann auch die letzten Decken los, denn zwei Männer, die ebenfalls draußen schlafen, hatten nichts.

Einer der beiden lud seinen Kummer ab und erzählte, seine Mutter sei Ende letzten Jahres gestorben und er habe es erst viel später erfahren, dadurch, dass der Lebenspartner der Mutter ihm extra nicht Bescheid gegeben hätte. Das wurde ihn heute noch stark belasten, da er sich dadurch auch nicht hat verabschieden können und auch bei der Bestattung nicht dabei war.

Auf dem Rückweg trafen wir noch hungrige Menschen, denen wir mit der letzten Suppe helfen konnten. Ein Mann erzählte, er habe zwar inzwischen eine Wohnung, müsse aber jetzt erst mal komplett neu lernen, mit dem Geld umzugehen. Seine ehrliche offene Art imponierte mir und da ich sah, dass er nur kaputte Kleidung trug, bot ich ihm an, sich noch etwas zum Anziehen auszusuchen.
Er fiel aus allen Wolken, dass wir sogar Kleidung dabei haben und traute sich dann aber kaum, einen Wunsch zu äußern. Unendlich dankbar war er dann, als wir ihn mit einer Hose und einem neuen Pullover ausstatteten. Wir fragten dann, was er noch bräuchte und boten ihm auch Hygieneartikel an. Sehr bescheiden sagte er, er habe eigentlich alles, nur ein Deo könnte er brauchen. Mehrmals bedankte er sich anschließend und verabschiedete sich mit Handschlag.

Nun waren die Suppen und der Bollerwagen leer und wir brachten unseren Fuhrpark zurück.
Unser Geburtstagskind M. hatte uns während der gesamten Tour begleitet. Beim Abschied bedankte er sich nochmal für alles und zog dann seiner Wege.

Wie einsam muss ein Mensch sein, wenn er auf seinem Geburtstag als Highlight nur die „warm durch die Nacht-Tour“ anstelle einer Geburtstagsfeier hat und nur die Tourengänger diesen Tag mit ihm begehen? Mich macht das traurig.


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