Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 18.03.2016 von Judith

- Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo . . .  –
Etwas mulmig war mir vor der Tour. Wieder mal hatten sich kaum Tourengänger angemeldet und wir suchten im Chat nach Lösungen, die Tour trotzdem stattfinden lassen zu können. Es sollte als Notlösung eine Terrinen-Tour stattfinden, ohne Suppenfahrrad und auch ohne Kleidung.
Janita und Kerstin erklärten sich bereit, mitzugehen, aber zu allem Übel meldete sich Vroni dann kurz vor Tourbeginn krank. Nun war „Holland“ (bzw. Essen)  „in Not“! Wie würde das werden, ein Frauentrio auf Tour und dann Janita, die bereits angekündigt hatte, dass sie nicht die gesamte Tour würde mitgehen können?!?
Früh trafen wir uns am Heim und packten die Bollerwagen. Wiedermal lag eine große Spende mit Obst, Gebäck, Joghurt, Pudding, Minisalamis und Weiteres von der Essener Tafel bereit.


Wir packten noch eine große Menge Terrinen und unser zweites Heißwassergefäß ein. Heute würden wir ja viel Wasser brauchen, einmal für die Terrinen und dann ja auch für die Getränke. Auch eine Tasche mit Wolldecken packten wir dazu, für  absolute Notfälle, wenn wir schon keine Kleidung dabei hatten.
Zeitig machten wir uns auf zum Nord, um dann auch schnell in der Abia-Lounge das heiße Wasser besorgen zu können.
Doch schon an der großen Kreuzung kam uns Rouven entgegen und half gleich beim Ziehen der Wagen. Schon waren wir zu viert!  
Ich eilte mit dem zweiten Behälter zum Wasserholen in die Abia-Lounge. Dort bat ich darum, uns für später den zweiten Behälter noch zu füllen. Mitten im Betrieb, wo ja auch die eigenen Gäste versorgt werden müssen, werden wir dort immer freundlich bedient und versorgt. Das ist für uns eine großartige Unterstützung! Und tatsächlich, als ich nur eine Stunde später den zweiten Behälter holen wollte, war er schon vorbereitet und ich konnte ihn gleich mitnehmen. Klasse!  
Als ich zum Nord zurückkehrte, bekam ich erst mal einen Rüffel von Rouven, weil ich nichts gesagt hätte und alleine geschleppt hätte. Er ist ein patenter Kerl und ein richtiger Kavalier!
Nun kamen noch Klaus und die beiden Michas dazu und wir fühlten uns nun sicher und geschützt. Was sollte nun noch schief gehen, bei vier „Bodyguards“?!  ;-) Sie übernahmen dann auch später das Ziehen der Wagen die Kettwiger hinauf.
Inzwischen hatte uns auch Micha das Gebäck von Förster gebracht und wir begannen damit, im Akkord Terrinen und Heißgetränke zu richten, Gebäck auszugeben und Obsttütchen zu packen.
Wir waren zeitweise umgeben von einem Pulk von Menschen, die alle sehr hungrig zu sein schienen und auch gerne beim Gebäck zugriffen, so dass wir sie irgendwann auch bremsen mussten, damit auch andere noch etwas bekämen.
Eine Polin, mit der wir früher auch schon mal öfter Stress hatten, ließ sich versorgen und Janita beugte eventuellem  Ärger geschickt vor, indem sie sie freundlich versorgte und ihr direkt Leckeres anbot und reichte. Und tatsächlich, sie blieb friedlich und gab Ruhe, abgesehen davon, dass sie irgendwann begann, auf einer Gitarre, wo immer sie diese auch her hatte, zu „schrammeln“ und dabei laut zu brüllen. -  Schön ist anders.  ;-)
Eine junge Frau kam mit einer größeren Gruppe zu uns. Sie sei schwanger und bräuchte deshalb auch viel zu Essen. Irgendwie konnte sie nicht genug haben und wir haben später im Team überlegt, ob sie wirklich so bedürftig war. Ihr Outfit sprach eher dagegen. Aber es ist auch für uns Tourengänger oft nicht leicht, da zu entscheiden und wir geben lieber einmal zu viel, als dass einer ohne Versorgung bleibt. Irgendwann haben wir dann aber doch eine Grenze gezogen, sonst hätte sie zusammen mit ihren Freunden uns den gesamten Wagen leer geräumt. Sie erkundigte sich dann noch, wo sie wohl Umstandskleidung herbekommen könnte und Janita und ich googelten Adressen der Diakonie und Pro Familia, die Kerstin ihr dann auf einen Zettel schrieb und mitgab.

Als am Nord alle versorgt waren, verabschiedete sich Janita und Kerstin und ich waren uns sicher, dass der Rest der Tour unter der Begleitung unserer „Bodyguards“ gut laufen würde.
Kerstin hatte nochmal Nachschub an Terrinen geholt und wir setzten die Tour fort zur Porschekanzel. Auch dort fanden Terrinen, Gebäck und Obst reißenden Absatz. Manche waren nach einer Terrine einfach nicht satt und baten um eine zweite. Dankbar nahmen sie Obst und Gebäck.
Wir gingen noch zum Dom, wo wir aber nur A. antrafen, vertieft in ein Buch. Wir tauschten uns aus über Bücher und darüber, wie es ist, wenn man ein Buch gelesen hat und dann über dessen Verfilmung oft sehr enttäuscht ist. So berichtete er uns, dass er sich vorgenommen habe, den Film „Er ist wieder da“ genau aus diesem Grund nicht anzusehen.
Ihr seht also, es gibt durchaus interessante Gespräche bei den Touren durch die City.
Als A. dann noch in die Karnevals-Süßigkeitentüte griff und dabei zufällig auch einen kleinen Schlüsselanhänger erwischte, hatten wir alle Spaß und er steckte ihn stolz als „das große Los“ ein. ;-)

Micha und Klaus verabschiedeten sich nun und wir traten den Rückweg an. Zwei Leute trafen wir noch und konnten auch sie versorgen und dann waren wir komplett „ausverkauft“.
Dadurch, dass wir keine Kleidung dabei hatten, konnten wir bei dieser Tour in Ruhe und entspannt alle versorgen und Gespräche führen.
Es gab viel Erfreuliches:  U. berichtete freudig, dass er am Montag beginnt, in einem Möbellager zu arbeiten. Unserer Janita machte er ein kleines Geschenk in Form von zwei kleinen Star Wars-Figürchen, worüber sie sich sehr gefreut hat und die sie in Ehren halten wird.
M., dem man gleich auf Anhieb ansah, dass es ihm besser ging, berichtete mir, dass er nächste Woche einen Termin bei der Caritas hat, die ihm helfen werden, schnell eine Wohnung zu finden. Mich hat es sehr bewegt, zu sehen, wie diese Menschen aufleben, sobald sie eine Perspektive haben.
Auch Kummer und seelische Not begegneten uns wieder.
A., die uns große Sorgen macht, sprach lange mit Janita. Man sieht ihr an, dass der Kummer geradezu körperlich an ihr zehrt.
Ein weiterer Mann, den ich noch aus dem Sommer letzten Jahres kenne, und ihn eigentlich stets unendlich traurig erlebt habe, schüttete diesmal Kerstin sein Herz aus. Kerstin notierte sich seinen Namen und will ihm Hilfe durch unsere Obdachlosenbotschaft vermitteln.

Für mich war es bei dieser Tour das erste mal, dass wir weniger EPA-Tourengänger als Ofw’ler im Team waren. Tolle Jungens, denen es so wichtig ist, dass die Tour stattfinden kann, und uns deshalb immer mehr unterstützen!
Unser zweiter Micha half uns noch, den Fuhrpark zurückzubringen. Zum krönenden Abschluss hatten wir es dort auch noch mit einem superfreundlichen Pfleger zu tun, der, als wir ihm sagten, wir müssten aber eben noch einiges einsortieren, uns mit den Worten „Macht das ganz in Ruhe! Niemand treibt!“ beruhigte.

Das war wieder mal eine tolle Tour, die mir bewies: Es gibt kein Problem, nur Lösungen! Und für diese Lösungen hatten dieses Mal unsere Leute mal wieder selbst gesorgt! Spitze!  


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