Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 01.01.2016 - Die Neujahr-Tour

Trotz Feiertag waren wir im Team gut aufgestellt. Wir freuten uns, alle wiederzusehen und starteten voller Tatendrang. Auch konnten wir wieder ein neues Tourenmitglied begrüßen, Ge Sa, die uns gleich bei allem kräftig unterstützt hat.

Wir fragten uns allerdings, wie es wohl werden würde, wieviele unserer Leute werden wir treffen, an einem Tag, an dem alle Geschäfte geschlossen haben, also keine Passanten in der Stadt sind, die man um Geld bitten kann und am Anfang eines Monats, wo unsere Leute meistens noch nicht ganz so knapp sind.
Da wir ihnen aber unser Kommen angekündigt hatten und wir viele Vorbestellungen an warmer Kleidung hatten, entschlossen wir uns, erneut mit dem kompletten Konvoi loszuziehen.

So beluden wir Bollerwagen und Leichthandkarren mit warmer Kleidung, Decken, dem aufgetauten Brot und Gebäck, welches Micha und Vroni lieferten und Äpfeln von unserer Ute und Birgit bereitete das Suppenfahrrad vor. Sie war schon früh bei den Vorbereitungen, damit unser Bohneneintopf auch rechtzeitig heiß war.
Der Weg zum Nord war dann nicht so einfach, dadurch, dass überall Glasscherben herum lagen. Wir hatten ziemliche Angst um die Reifen unseres Suppenfahrrades und versuchten weitestgehend die Scherben zu umkurven. Zum Glück haben wenigstens unsere Bollerwagen Vollgummireifen, so dass wir da nichts zu befürchten hatten.
Unser lieber Hartmut ging wahrhaftig hin, lieh sich einen Besen bei Abia, und begann damit, den Weg freizufegen. „smile“-Emoticon

Am Cafe Nord wurde unsere Ladung noch ergänzt mit der freundlichen Spende von Elfie Nohm: köstliche kleine Lebkuchen, einzeln in Schachteln verpackt. Also konnten wir nun unsere Leute mit Süßem überraschen, obwohl alle Bäckereien geschlossen waren. Großartig! Herzlichen Dank dafür!
Ingrid und Andreas eilten nochmal zum Lager im AltA, um dort noch das zu besorgen, was uns fehlte.
Irgendwie läuft Ingrid immer mindestens doppelt so viel wie wir. „wink“-Emoticon
Schon am Nord versorgten wir die ersten Leute. 
Der ältere Herr, der immer zu unseren ersten Gästen bei den Touren gehört, freute sich sehr, als wir ihm, nachdem er seinen Bohneneintopf gegessen hatte, auch noch ein Paket Stuten und eine Schachtel Lebkuchen reichten.
Der sehr redselige M. ließ sich auch hier schon mit Suppe versorgen und begleitete uns dann während der gesamten Tour. Er erzählte unaufhörlich und genoss sichtbar unsere Gesellschaft.
Wir kennen ihn schon länger und haben ihn früher schon ganz anderes erlebt, provokant und uns gegenüber distanziert. Das hat sich mittlerweile gehörig geändert. Er ist derjenige, der uns bei der letzten Tour als Ausnahme bezeichnete, als er ansonsten über die Verrohung der Gesellschaft schimpfte. Als wir weiter zogen, half er sogar kurz, einen der Bollerwagen zu schieben, was er dann aber schnell wieder aufgab, weil ihm eine neue Geschichte einfiel, die er unbedingt erzählen musste. „wink“-Emoticon

Unser anderer M. , der ja sonst die gesamte Tour unterstützt, fehlte heute. Das hatte er uns aber bereits angekündigt. Wir freuen uns, wenn er das nächste Mal wieder dabei ist.

Schon bald waren am Nord alle versorgt und wir brachen auf zur Marktkirche. Schon auf dem Weg fiel uns ein Mann auf, eingehüllt in einer Wolldecke, der mit schwerfälligem Gang aus einer Seitenstraße kam. Man sah ihm an, dass jeder Schritt für ihn eine Qual war und er offensichtlich Schmerzen beim Gehen hatte. Wir fragten ihn, ob er Hunger habe und luden ihn ein, mitzukommen und sich an der nächsten Station von uns versorgen zu lassen. Dankbar nahm er die Einladung an und so bekam er etwas in den Magen und wir konnten ihn auch noch mit warmer Kleidung versorgen.

Auch an dieser Station war der Andrang nicht so groß, wie sonst, aber es kam zu einigen netten Begegnungen.

Ein junger Mann aß sich bei uns satt, und als Vroni merkte, wie dünn seine Jacke war, durchsuchten wir unseren Wagen nach einer passenden Jacke für ihn. Leider wurden wir nicht fündig, da uns derzeit wieder mal Winterjacken in kleineren Größen fehlen. Als Alternative schlugen wir ihm vor, einen dicken Pullover von uns anzunehmen und den noch unter seiner Jacke anzuziehen. Gleich hellte sich sein Gesicht auf. Emsig zog er seine Jacke aus und probierte den Fleecepullover an, den wir ihm reichten. Diesen Gesichtsausdruck, den er dann hatte, kenne ich sonst nur aus der Weichspülerwerbung. Er schaute an sich herab und strich immer wieder über den Stoff des Pullovers.
Dann suchten wir noch eine Mütze und einen passenden Schal heraus, die er ebenfalls gleich anzog.
Er strahlte wie ein Kind, dem man einen Herzenswunsch erfüllt hatte.
Das sind genau diese Momente, wo man alles zurückbekommt, was man vorher investiert hat. Ich musste regelrecht schlucken!

Mir fielen zwei nette junge Männer auf, die stehen geblieben waren und fasziniert unser Treiben beobachteten. Als ich auf sie zuging und sie ansprach, gaben sie mir gleich zu verstehen, dass sie nicht deutsch sprächen. Also setzten wir unser Gespräch auf Englisch fort. Ich bekam heraus, dass sie Flüchtlinge aus dem Irak waren. Sie waren zu Besuch in Essen und leben eigentlich in einem Flüchtlingsheim in Köln. Seit drei Monaten wären sie in Deutschland. Interessiert ließen sie sich erklären, was wir tun und Hartmut reichte ihnen noch Flyer. Offensichtlich waren sie sehr beeindruckt. Am Ende bedankten sie sich für die Info und verabschiedeten sich sehr freundlich und herzlich von uns.

Dann kam ein junger Mann, den wir bisher noch nicht kennengelernt hatten. Sehr offen und fröhlich sprach er mit uns und schnell waren wir uns alle einig, dass er unheimlich Ähnlichkeit mit unserem Sh. hat, gleiche Mimik, Gestik und auch den gleichen Akzent. Es hätte glatt ein Bruder von ihm sein können. Nun war unsere Neugierde geweckt und wir fragten ihn, woher er käme. Er erzählte uns, dass er aus Casablanca sei. Wir sprachen eine ganze Zeit mit ihm und am Ende verabschiedete er sich auf die gleiche Art, wie Sh. es immer tut, indem er seine Hand auf sein Herz legte. Witzig, wie ähnlich sich Menschen manchmal sind! „smile“-Emoticon

Hartmut war inzwischen durch die gesamte Fußgängerzone gelaufen, um nach weiteren Leuten Ausschau zu halten und als wir Richtung Willy Brand Platz zogen, kam er eilends auf uns zugelaufen, weil er in einer Seitenstraße unseren P. gefunden hatte, der dringendst unsere Hilfe brauchte.
Während wir unsere Tour fortsetzten, kümmerten sich Hartmut und Janita um P. und versorgten ihn mit allem, was er brauchte. Das sind dann die Momente, die auch traurig machen, wenn man erleben muss, dass einer unserer Lieben gerade mal wieder ganz unten ist.

An der Post gab es dann nochmal Andrang. Schon ganz schnell war unser Suppenfahrrad umkreist von hungrigen Leuten.
Unmittelbar vor der Tour hatten wir noch erfahren, dass unser Geburtstagskind Rubito heute mal wieder nach Essen käme. Und tatsächlich, nach langer Zeit sahen wir ihn wieder. Schnell wurde unsere Geburtstagsgirlande gespannt und wir sangen gemeinsam und laut ein Geburtstagslied, was mit Applaus aller umstehenden honoriert wurde. 
M. rief dann gleich aus: „Boah, führt ihr Buch über uns, dass ihr sogar wisst, wann einer Geburtstag hat?“ „wink“-Emoticon
Dann konnten wir Rubito noch kleine Geburtstagsüberraschungen überreichen und es war einfach schön, dass wir alle mal wieder beieinander waren!

Unseren J. versorgten wir noch mit einer Hose, warmen Pullovern und ein paar neuen Schuhen. Ihm war ja kürzlich wieder einmal der Rucksack gestohlen worden und wir müssen sehen, dass wir ihn mit neuer Kleidung eindecken. Einen neuen Rucksack soll er dann bei der nächsten Tour erhalten.

Es war wieder Mal eine Tour mit allen Facetten, Hochs und Tiefs, aber auch wunderbaren Begegnungen und einem tollen Team. Und so wird es sicher auch das gesamte Jahr 2016 sein.
Also: Es gibt viel zu tun, packen wir an!


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