Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 26.10.2015

Viel Aufregung und Überraschungen
Der Tag hatte ja schon so aufregend angefangen mit der Verleihung des Essener Solidaritätspreises am Mittag. Und das haben wir auch selten, dass zur Tour mehr Leute erscheinen, als ursprünglich angemeldet, aber beflügelt von der Stimmung rund um die Preisverleihung hatten sich einige dann noch spontan entschlossen, die Tour mitzugehen. So waren wir ein großes Team und es sollte sich schnell herausstellen wie gut und nötig das war.
Pünktlich um 18 Uhr starteten wir. Wir waren vollgepackt mit Kleidung. Vieles in Extrataschen, weil es gar nicht auf den Bollerwagen passte. Dick wattierte Winterjacken und Wolldecken nehmen nun mal deutlich mehr Raum ein als T-Shirts und Sommerkleidung. So gab es keinen aus dem Team, der nicht irgendetwas zog oder trug und auch M. und G. unterstützten uns wieder von Anfang an und blieben bis zum Schluss dabei. Ich kann mir inzwischen eine Tour ohne die beiden gar nicht mehr vorstellen.
Eigentlich hatten wir wieder reichlich Brot und Gebäck von der Bäckerei Förster dabei. Aber, als hätten wir eine Vorahnung gehabt, teilten wir zu Beginn der Tour die größeren Packungen mit Brot oder Stuten noch in mehrere kleine Portionstütchen, um mehr Leute damit versorgen zu können.


Und dann ging es los. Schon vor dem Café Nord hatten wir

viele Gäste, wodurch wir dort eine ganze Zeit verweilten. Suppe und süßes Gebäck wurden dankbar angenommen. Auch die ersten Kleidungsstücke wurden verteilt.
Dann zogen wir weiter zur Marktkirche und was uns da erwartete, war „mega“! Ein riesen Andrang gab es rund ums Suppenfahrrad und um unseren Bollerwagen. Schnell leerten sich unsere Körbe mit Gebäck, unser Vorrat an Kleidung und Decken und die Suppen wurden im Akkord ausgegeben.
Den jungen Vater G. konnten wir mit den vorbestellten Schuhen für seine kleine Tochter versorgen.
Sehr schnell kamen wir dann an den Punkt, wo wir die Bitten nach warmer Kleidung und Decken nicht mehr erfüllen konnten. Also wurde der Schreibblock gezückt und die Bestellungen für die Tour am Mittwoch notiert. Eine lange Liste ist dabei zusammengekommen. Der größte Bedarf ist der nach Schlafsäcken, Schuhen in 42/43 und warmen Jacken und Pullovern. Diese Wünsche werden wir nicht alle erfüllen können. Schuhe und Schlafsäcke sind immer knapp, kaum gespendet, sind sie auch schon weitergereicht.
Viele Gespräche wurden geführt. P., dem es am Samstag noch sehr schlecht ging aufgrund von heftigen Rückenschmerzen, ging es zum Glück wieder besser.
Mehrere kamen, nachdem sie sich gestärkt hatten, noch einmal auf uns zu, um sich sehr herzlich zu bedanken. Das hat uns gut getan, in dem ganzen Gewusel und der Hektik aufgrund des Andrangs.
Für Aufheiterung sorgte dann auch der „Ghettoblaster Boy“, der an uns vorbeizog mit lauter Musik, die uns spontan zum Mittanzen anregte. Schließlich war ja unser Tag und wir hatten ja auch was zu feiern! 
Als wir dann zum Dom weiterziehen wollten, erschraken wir. Unsere Körbe mit den Brotvorräten waren fast leer. Schnell lief Ingrid zur Bäckerei Kamps, die uns, wie schon vorher einige Male, zwei Brote spendete, damit wir weiterhin Scheiben zur Suppe reichen konnten. Sie hätten sicher gerne mehr gegeben, aber auch sie waren um diese Zeit ausverkauft.
Am Dom trafen wir F. mit Mogli. Fast hätte er uns verpasst, obwohl er doch so hungrig war. Gleich fiel uns auf, dass er anders war als sonst, wie ausgewechselt. Er erzählte viel mehr und hatte einen ganz anderen Gesichtsausdruck, er strahlte regelrecht. Und dann erfuhren wir den Grund und haben uns unendlich gefreut für ihn. Er hat einen Therapieplatz in Bochum und wird bald die Therapie beginnen. Und das Allerschönste: er darf Mogli dorthin mitnehmen, muss sich also nicht von ihm trennen. Und, wenn alles gut geht, wird auch P:, den er ja schon lange kennt und mit dem er befreundet ist, dorthin folgen und ebenfalls dort seine Therapie machen. Arm in Arm, wie eine verschworene Gemeinschaft, standen sie nun vor uns und nahmen sich vor, das gemeinsam durchzuziehen und zu schaffen. Wir wünschen es ihnen und freuen uns für beide. Schnell notierten wir alles, was F. für den Klinikaufenthalt braucht und werden ihn am Mittwoch mit allem Nötigen ausstatten.
An der Marktkirche waren wir dann alle gefordert. Riesenandrang, extrem gereizte Stimmung, Suppe leer, Brot wieder alle. Ingrid zog ein weiteres Mal los, besorgte Suppen und Brot im Lidl.
Und dann gab es eine Überraschung für uns alle. Wolfgang Freye stand plötzlich vor uns. Er wollte uns zum Engagementpreis gratulieren. Aber dabei blieb es nicht. Ruckzuck begann er, mit Kaffee und Suppe auszuteilen. Das war in dieser hektischen Situation auf dem Willy-Brand-Platz eine tolle Unterstützung! Danke dafür!
Dann kam es zu einer Extremsituation am Fahrrad: ein junger Mann, der schon zwei Portionen erhalten hatte, reagierte äußerst aggressiv, als man ihm sagte, dass nun erst mal die versorgt werden, die noch gar nichts hatten. Er begann, unsere Leute zu bedrohen und warf ihnen Ausländerfeindlichkeit vor. Andere Ofw’ler drängten ihn ab und versuchten ihn zu beruhigen. Mehrmals stand es kurz vor der Eskalation und wir kurz davor, zu unserem eigenen Schutz einen Streifenwagen zu rufen. Nach mehreren Anläufen beruhigte sich die Situation Gott sei Dank.
Wir durften erleben, dass die Ofw’ler solche Momente selbst regeln und sich dann schützend vor uns stellen und uns regelrecht verteidigen.
Das war dann noch ein zweites Mal nötig, als unsere „Krawallnudel“ I. auch wieder einmal am Suppenfahrrad provozierte und Streit suchte.
Hier war die Loyalität der Ofw’ler uns gegenüber deutlich zu spüren. Sie stellen sich vor uns und tun alles dafür, dass wir weiter für sie da sind und nicht aufgrund eines solchen Vorfalles unser Hilfsangebot aufgeben. So reglementieren sie sich selbst und wir sind froh und dankbar, dass wir nicht die Polizei zu Hilfe rufen müssen, denn wir wollen das Vertrauen, das sie zu uns haben, nicht zerstören.
Nun waren wir „ausverkauft“, Brot leer, Suppe leer, Bollerwagen leer. Als wir dann überschlugen, wieviel wir an diesem Abend ausgeteilt hatten, traf uns bald der Schlag: es müssen ca. 150 Portionen Suppe gewesen sein!
Das Fahrrad wurde gereinigt und der Bollerwagen kompakt zusammengepackt für den Schuppen. Das ist sonst immer erst am Nord möglich.
Chucky, die treue Seele, sprang dann noch ein für einen Mann, der fremd in Essen war und brachte ihn zur Notschlafstelle.
M. und G. begleiteten uns und halfen, alles wieder zurückzubringen. Die beiden sind einfach treu und klasse!
Insgesamt ein toller Tag, erst die Preisverleihung und dann diese „Megatour“ mit einem tollen Team, guter Zusammenarbeit und guter Stimmung. Danke dafür!


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