Essen packt an!

Warm durch die Nacht - Tourbericht 06.05.2015

Recht kurzfristig entschieden wir uns, eine Tour zu machen, weil sonst die Unterbrechung zu lang gewesen wäre. Weil wir wenige waren, gab es eine Terrinentour, denn das Suppenfahrrad hätten wir nicht managen können.

Nur vereinzelt kamen die Leute an unseren bekannten Ausgabestellen zu uns. Diesmal hielten wir häufiger unterwegs inne, um Leute mit Terrinen und vor allem Kleidung zu versorgen.

Der typische Punker-Treff an der Marktkirche war, wie ja auch schon am Samstag leergefegt. Wir trafen in der Seitenstraße ein Pärchen an, die wir mit Tee, Brot, Käse und Äpfeln versorgten.

Vor dem Baedecker-Haus standen wir dann länger, bereiteten für mehrere Leute Terrinen zu und verteilten Brot und Brötchen. Sowohl hier, wie auch später noch am Aufzug wurden wir vor allem nach Kleidung gefragt.

Es fiel auf, das heute viele hier anzutreffen waren, die wir sonst oben an der Platte versorgen.

P., den wir am Dom gesucht hatten, trafen wir dann oben am Aufzug. Er war nicht ganz so daneben, wie am Samstag, aber war gar nicht zum Essen zu bewegen. Er nahm nur ein Heißgetränk und erklärte uns, dass es ihm überhaupt nicht gut gehe. Er wolle nicht mehr, „meine Psyche ist im A…!“ Die Trauer um seinen Betreuer B. war dabei nur ganz kurz Thema. Er hat wohl nichts Weiteres über dessen Beerdigung herausfinden können. Er machte immer noch einen äußerst traurigen Eindruck. Wir müssen in der nächsten Zeit auf ihn achten.

 

Wir trafen auch dort J. an. Beide blieben eine ganze Zeit bei uns und genossen die Gespräche, zogen sich dann in eine Ecke zurück, um sich dort weiter zu unterhalten.

Ein Ofw’ler stürzte sich bald auf unseren Bollerwagen. Er wollte vor allem Kleidung und war kaum zu bremsen. Später schnappte ich dann auf, dass er wohl gerade aus dem Knast kam und nichts besaß. Wir haben ihn mit einigen Teilen versorgen können.

Ein anderer forderte regelrecht mehrere Suppenterrinen für sich auf Vorrat. Da mussten wir dann mal deutlich eine Grenze setzen und sagten ihm, dass jeder nur eine bekommt, damit es für alle reicht.

Ein sehr großer kräftiger Mann brauchte eine Hose. Leider hatten wir keine passende dabei. Vielleicht können wir da in den nächsten Tagen Abhilfe schaffen.

Und dann kam S. und was sich dann im Laufe des Gespräches herausstellte, haute uns fast aus den Schuhen. Man hat ihm seinen Rucksack mit allem, was er besaß, Jacke, Papiere u.s.w. geklaut. Dadurch ging auch die Mundharmonika verloren, die Vroni ihm doch erst kürzlich geschenkt hatte.

Ich hatte euch ja damals beschrieben, wie sehr er sich darüber gefreut hatte und sehe noch dieses strahlende Gesicht vor mir. Jetzt hatten wir ein Häufchen Elend da sitzen. Wir haben ihn notdürftig versorgen können mit einer Hose und einer Damenjacke, damit er erst mal zurechtkommt. In den nächsten Tagen wollen wir uns aber bemühen, ihm passende Kleidung und einen Rucksack zu besorgen und, jawohl, er soll auch nochmal eine Mundharmonika haben.

Auf dem Rückweg brachten wir unserem Punker-Pärchen noch einen Gute-Nacht-Tee und waren gegen 21:30Uhr mit der Tour durch.

Zu Hause sitze ich dann jedes Mal, denke an jede einzelne Begegnung des Abends zurück und erwische mich dabei, wie ich plötzlich über eigene Probleme, die mich vorher noch zum Rasen brachten, schmunzeln kann.

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